Robbienchen erblickt die Seehundwelt

Robbienchen erblickt die Seehundwelt

Jürgen Kleschnitzki

Meine Name ist Robbienchen, meine Mama ist die Robben-Schnurriburi und mein Papa ist der Robben-Schnurribart.
Als meine Mama und mein Papa sich kennen gelernt haben, sind sie zu zweit ganz allein vor Norderney in der Nordsee geschwommen. Vom Wattenmeer bis in die ganz tiefe Nordsee.
Meine Mama war eine sehr hübsche Robbendame und andere Robbenmänner mochten sie auch unheimlich gut leiden. Aber da hättet ihr einmal meinen Papa kennen lernen können.
Der ist dann richtig wütend geworden, weil er ja meine Mama sehr lieb hatte und mit ihr in Ruhe allein sein wollte. Er war so stark, dass er alle von Mama`s Seite vertrieben hat. Die haben sich dann auch nie mehr blicken lassen und haben meine Mama und meinen Papa dann auch endlich in Frieden leben lassen.

So kam es eines Tages, dass mein Robbenpapa die Idee hatte, mit meiner Robbenmama durch das Wattenmeer zur Nachbarinsel Baltrum zu schwimmen. Unterwegs trafen sie einen alten Fischer in seinem kleinen Angelkutter, der gerade damit beschäftigt war, seine mit Fischen gefüllten Netze in seinen Kutter zu ziehen.

Meine Mama und mein Papa hatten riesigen Hunger und waren viel zu faul, selbst nach Fischen zu suchen und sie zu fangen. Daher schlich sich mein Papa langsam an die Bordwand des Kutters von dem alten Fischer, lugte darüber hinweg und stibitze ihm insgesamt vier große Fische, zwei für meine Mama und zwei für ihn selbst. Nachdem sie diese große Mahlzeit verzehrt hatten, setzten sie ihren Ausflug zur Insel Baltrum wohlgenährt weiter fort.
Aber soweit schafften sie es dann doch nicht. Die vollen Bäuche mit den leckeren Fischen ließen sie müde werden, so dass sie beschlossen, am Oststrand der Insel Norderney, da wo auch das Wrack eines damals gesunkenen Kutters liegt, in der nun scheinenden Sonne eine ausgiebige Pause einzulegen. So nahmen sie sich beide in ihre Flossen, hatten sich miteinander ganz lieb und schliefen dann mit ihren vollen Bäuchen redlich ein.
Meiner Mama und meinem Papa gefiel es auf der Sandbank zwischen Norderney und Baltrum so gut, dass sie dort einige Zeit verbrachten, auch Fische gab es zum Leben für die beiden dort genug. Bis meine Mama eines Tages zu meinem Robbenpapa Schnurriburi sagte, bald sind wir beiden nicht mehr alleine, sonder zu dritt, ich bekomme ein kleines Baby.
So erblickte ich als Robbienchen am Oststrand von Norderney das Licht der Welt. Ab heute war ich ein kleiner Heuler, so werden die Baby`s von Robben genannt.
Schwimmen konnte ich recht schnell, meine Mama und mein Papa versorgten mich ganz toll mit leckerem Fisch, so dass ich schnell zu Kräften kam und auch schon weitere Strecken mit meinen Eltern schwimmen konnte.

So kam mein Papa Schnurribart eines Tages auf die Idee, mit Mama und mir die Weite der Nordsee zu erkunden und mir auch einmal die Insel Helgoland, die ganz weit nördlich der Insel Norderney liegt, zu zeigen. Helgoland ist eine kleine Insel aus rotem Felsen, das Wahrzeichen ist die Lange Anna, und hat große Sandstrände, an denen wir uns, aber auch alle anderen Seehunde, schön sonnen können. Da das Wetter ganz toll und warm war, haben Mama, Papa und ich am dortigen Seehundstrand ausgiebig Pause von der langen Reise gemacht und uns prächtig in der Sonne erholt.

Da sich das Wetter langsam verschlechterte, beschlossen Mama und Papa, mit mir langsam den Heimweg nach Norderney anzutreten. Vorher versorgte Papa uns noch mit einigen leckeren Fischhäppchen, die er für mich und Mama in der Tiefe der Nordsee gefangen hat, zur Stärkung für den langen Heimweg.

Der Sturm wurde plötzlich stärker, es fing stark an zu regnen und die Wellen wurden immer höher, so dass auch die Strömung im Wasser immer stärker wurde. Es wurde auch im Wasser immer dunkler, Mama Schnurriburi und Papa Schnurribart blieben ganz nah bei mir, und so schwammen wir zügig zu dritt in Richtung Norderney.

Plötzlich war ein ganz dunkler Schatten über uns, Mama, Papa und ich haben uns ganz toll erschrocken, was war das bloß, Der lange Schatten hörte gar nicht auf, und dann kam auch noch ein riesiger Wasserwirbel dazu. Das musste die Schiffschraube von einem riesigen Ozeanriesen sein, der über uns herfuhr und bestimmt nach Amerika unterwegs war.
Hilfe, Hilfe, wo waren Mama und Papa nur geblieben, vor lauter Luftblasen im Wasser konnte ich sie nicht mehr sehen, ich war allein. Was sollte ich nur tun?
Schwimmen, Schwimmen, nur nicht aufgeben, dachte ich mir und schwamm in gleicher Richtung weiter, wie Mama und Papa es mir gezeigt hatten. Ohne etwas zu essen, schaffte ich es tatsächlich, die lange Reise zu überstehen und allein am Strand von Norderney wieder anzukommen. Aber ich hatte unendlichen Hunger, aber Fische konnte ich alleine noch nicht fangen, dafür war ich noch zu klein. Also machte ich mich am Strand durch heulen bemerkbar, darum werden wir Robbenbabys auch Heuler genannt, und tatsächlich kamen Standwanderer und ein Robbenjäger, der sich meiner liebevoll annahm.
Der Robbenjäger legte mich liebevoll in einen kleinen Korb und brachte mich zum Hafen von Norderney, von wo aus ich mit der Fähre nach Norddeich gebracht wurde. Hier in Norddeich gibt es eine Station, die Seehundstation, in der Seehundbabys, die von ihren Eltern getrennt wurden, verpflegt und liebevoll aufgezogen werden.

Viele Freunde habe ich hier getroffen, die sich mit mir mein Schicksal teilen. Wir leben hier in einem großen Seehundbecken und werden mehrmals täglich mit dem leckersten Fisch aus der Nordsee verpflegt. So bin ich mit der Zeit immer größer, stärker und älter geworden, als es eines Tages hieß, von meinem neuen Zuhause wieder Abschied nehmen zu müssen. Mit mehreren Seehundfreunden verließ ich die Seehundstation in Norddeich in bequemen Transportkörben in Richtung Norddeich Hafen. Mit vielen Menschen an Bord der Frisia X stachen wir dann in Richtung Norderney und Juist in See. Vor Juist sieht man bei Ebbe eine riesige Sandbank, auf der immer fast 60 meiner Artgenossen das Faulsein geniessen.
Hier hat man uns allen wieder die Freiheit gegeben und auf der Sandbank ausgesetzt. Mit großem Hallo wurden wir, nun jetzt schon etwas älter und keine Babys mehr, begrüßt und von allen anderen Seehunden herzlich willkommen geheißen.

Doch plötzlich, war das nicht meine Mama und mein Papa, ja klar, das waren sie, nur die Bärte waren grau geworden. Auch sie hatten den Weg von Helgoland zurück unbeschadet überstanden und auf der Sandbank vor Juist auf mich gewartet. So sind wir letztendlich doch noch wieder eine glückliche Seehundfamilie geworden, teilen uns den leckeren Fisch, und leben mit all unseren Freunden im Wattenmeer der Nordsee vor Juist und Norderney und lassen uns von den Passagieren der Inselfähren gerne bestaunen, fotografieren und zuwinken.

Kleschnitzki@t-online.de
Kleschnitzki, Jürgen
Schulzenstr. 22
26548 Norderney
ist alleiniger Urheber dieser Kurzgeschichte und hat alle Rechte darauf
Zuordnung: Kindergeschichten

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